Etwas zur Baureihe 01

 

Nach dem Ende des 1. Weltkriegs und der Gründung der Weimarer Republik wurden am 31. März 1920 die früheren Länderbahnen per Staatsvertrag zur Deutschen Reichsbahn zusammengeschlossen. Die Länderbahnen gingen damit verfassungsgemäß auf das Reich über.
Der Fahrzeugpark war infolge des Krieges und der damit verbundenen Entbehrungen stark abgewirtschaftet. Hinzu kam die durch den Versailler Vertrag auferlegte Abgabe der neuesten und leistungsstärksten Lokomotiven und Wagen an die Siegermächte. Deshalb stellte sich die Lage des Betriebsparks sehr schlecht dar.

Bei der Gründung der Deutschen Reichsbahn waren über 210 verschiedene Lokomotivgattungen der Länderbahnen im Bestand. Vor diesem Hintergrund ist die Entwicklung der "Einheitslokomotive" zu sehen. Übergangsweise wurden aus Rationalisierungsgründen nur noch wenige, einheitliche Lokbaureihen beschafft. Bei der ersten Sitzung des neugegründeten "Engeren Lokomotivenausschußes" wurde darüber beraten, welche bewährte Schnellzuglok weitergebaut werden sollte. Da man sich auf keinen Länderbahntyp einigen konnte, sollte die einzelnen Direktionen bis zur Einführung der Einheitslokomotive die bisher beschafften Bauarten weiterbestellen.

Bei der zweiten Sitzung lagen dem Ausschuß Typenskizzen der Firmen Borsig und Henschel vor. Diese zeigten die typischen preussischen Konstruktionsmerkmale und waren im wesentlichen aus den Baureihen P 10, T 20 und G 8.2 abgeleitet. Eine Schnellzugslok war in den Entwürfen nicht enthalten. Für die neu zu entwickelnden Einheitslokomotiven wurden aber das Umgrenzungsprofil, der Kesseldruck, die zulässige Achslast und vieles mehr festgelegt. Man erkannte, dass bei der Entwicklung einer leistungsfähigen Schnellzugslokomotive die vorhandenen Drehscheiben mit 20 m Durchmesser zu klein waren. Lediglich in süddeutschen Bw's gab es wegen der größen Pazifikmaschinen genügend 22-m-Drehscheiben.

Bei der dritten Sitzung wurde die Achslast von 17 auf 20 t heraufgesetzt, eine etwas voreilige Entscheidung, wie sich später zeigen sollte. (Dies sollte schließich zur Entwicklung der Baureihe 03 führen.) Borsig und Henschel legten unter diesen veränderten Aspekten neue Typenskizzen vor, welche parallel je eine Vierzylinder-Vermaschine sowie eine Zweizylindermaschine vorsahen. Von den Vertretern Süddeutschlands und Sachsens wurde die Verbundmaschine favorisiert, während die Vertreter Preußens der einfachen Dampfdehnung den Vorzug gaben. Sie bezweifelten die wäremewirtschaftlichen Vorteile der Verbundbauart und meinten, dass eine Vierzylinderlok in der Unterhaltung des Fahrwerks zu teuer wäre. Deshalb einigte man sich, die zu bauende Vorserie je zur Hälfte als Zwillings- bzw. als Vierzylinder-Verbundlok fertigen zu lassen. Die Zweizylinderlok erhielt im neuen Nummernschema die Baureihenbezeichnung 01, die Verbundlok die Baureihe 02.

Die weiteren Konstruktionsarbeiten wurden an das neugeschaffene "Vereinheitlichungsbüro" übertragen. Dorthin entsandten alle Lokomotivfabriken Mitarbeiter. Nach der vierten Sitzung verschob sich die Arbeit aus dem Ausschuß hin zum Baudezernat des Reichsbahn-Zentralamtes. Der Leiter diese Dezernates war ab 1923 Richard Wagner. Dieser nahm sehr großen Einfluß auf die Entwicklung und wird oft als "Vater der Einheitsloks" bezeichnet.
Nun wurde die Entwicklung rasch vorangetrieben, so dass mit 02 001 im Oktober 1925 die erste Einheitslok überhaupt ausgeliefert wurde. Die erste Zwillingslok, 01 001 lieferte Borsig im Dezember 1925.

Nach der Ablieferung der gesamten Vorserie beider Bauarten wurden diese in den Bahnbetriebswerken Erfurt P, Hamm und Hof zur Erprobung stationiert. Je eine Lok (01 001 und 02 002) wurde dem Lokversuchsamtin Grunewald zugeteilt, um sie eingehend zu untersuchen. Es sollte herausgefunden werden, welche Spielart wirtschaftlicher war. Nach den Erprobungen zeigte sich, dass die Vierzylinderbauart bei weitem nicht so sparsam, wie erhofft war. Der Dampfverbrauch der 02 lag bei hohen Leistungen nur unwesentlich niedriger als bei der 01. Die Gründe sind u.a. im zu kleinen Schieberdurchmesser zu suchen.

Bei der abschließenden Auswertung der Ergebnisse der Versuchsfahrten erwiesen sie sich die Einheitsloks im Kohle- und Wasserverbrauch sowie im Kesselwirkungsgrad der der spezifischen Heizflächenbelastung bei weitem nicht als die erhofften Spitzenloks. Die maximale Heizflächenbelastung, die sogenannte Kesselgrenze, mußte auf 57 kg/m2h festgelgt werden. Viele Kessel der älteren Länderbahnloks erreichten und übertrafen diesen Wert spielend. Dies wurde besonders deutlich, als in den 30er Jahren die Fahrzeiten drastisch gekürzt wurden.

Auf Grund der Messergebnisse wurde beschlossen, nur noch die Baureihe 01 weiter zu beschaffen. Ab 1927 begann der Serienbau und endete erst 1938. Selbstverständlich blieben in dieser Zeit Bauartänderungen nicht aus. Als wichtigsten sind zu nennen: Die ersten Serienloks wurden mit dem Tender 2'2'T32 geliefert, danach mit dem 2'2'T34. Ab der dritten Lieferserie (1930/31) kam der Wagnersche Langrohrkessel mit 6.800 mm Rohrlänge zum Einbau. Ab der vierten Lieferserie erhielten die Drehgestelle Laufräder mit 1.000 mm Durchmesser. Die gesamte Bremsanlage wurde überarbeitet und verstärkt. Die Schleppachse war nun auch gebremst, so dass die Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h auf 130 km/h angehoben werden konnte. Bei der fünften Bauserie entfielen nur die Regelkolbenschieber. Hierüfür baute man Druckausgleichkolbenschieber der Bauart Schulz ein. Ab 1939 wurden alle 01 mit 2'2'T34-Tendern gekuppelt.
Insgesamt wurden 232 Lokomotiven geliefert. Hinzu kamen die 10 Maschinen der Baureihe 02, die 1939 - 42 im RAW Meiningen zur 01 umgebaut wurden.

Nach dem Krieg verblieben im Bereich der späteren DB 171 Maschinen. Hiervon musterte man wegen Kriegsschäden sechs Loks aus. Da Ende der 50er Jahre auf die Lokomotiven nicht verzichtet werden konnte, rüstete die DB 50 Maschinen mit neuen Hochleistungskesseln aus. Bei diesen Kesseln wurde die Strahlungsheizfläche durch den Einbau einer Verbrennungskammer stark vergrößert. Hierdurch war dieser Kessel wesentlich belastbarer als die Ursprungsbauart. Ab 1968 erhielt die 01 im neuen Nummernschema die Baureihenbezeichnung 001. Am 1. September 1971 waren nur noch 27 Maschinen im Bestand, die bis auf 001 164 alle in Hof beheimatet waren und u.a. aud der Schiefen Ebene eingesetzt wurden. 1974 wurden dann die letzten Maschinen ausgemustet.

Bei der DR erfaßte man nach dem Krieg 70 Maschinen, von denen 5 ausgemustert werden mussten. Bis in die 60er Jahre trugen sie die Hauptlast des schweren D-Zugdienstes der DR. Auf der Strecke Berlin - Dresden standen Altbau-01 noch bis 1977 im D-Zugdienst. 1959 entschloß sich die DR, die 01 zu rekonstruieren. Auch hier sollte durch den Einbau eines Hochleistungskessel mit Brennkammer die Belastbarkeit (70 kg/m2h) und Leistungsfähigkeit deutlich verbessert werden. Der schlechte Allgemeinzustand der Loks erforderte aber, dass die Maschinen weitestgehend rekonstruiert wurden. Dazu zählten auch Änderungen am Rahmen und die Maschinen erhielten neue, geschweißte Zylinder. Zur Rekonstruktion wurden nur Loks der letzten Lieferserie mit 1000 mmm Laufraddurchmesser herangezogen. Die Rekonstruktion in den Jahren 1962 bis 65 wurde ein voller Erfolg - ein würdiger Abschluß deutscher Dampflokbaukunst.

Insgesamt wurden 35 Loks rekonstruiert und anschließend zur Baureihe 01.5 umgezeichnet. Ab 01 519 wurden die Loks mit Ölfeuerung ausgerüstet, einige andere Maschinen erhielten diese nachträglich. Bis in die 70er Jahre waren die ölgefeuerten Maschinen bei den Bw Erfurt P und Wittenberge stationiert, die sieben Rostloks in Berlin-Ostbahnhof. Einsatzgebiet waren schwere D- und Interzonenzüge. Nach dem Ende des Einsatzes vor Interzonenzügen im Jahr 1973 gingen die Loks nach Pasewalk, Rostock und vor allem nach Saalfeld, das zum "Auslauf-Bw" wurde. Noch bis in den Herbst 1982 wurden dort die letzten betreibsfähigen Loks eingesetzt.

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